Arbeitszeiterfassung Pflicht – So sollte man als Unternehmen jetzt handeln

Bald wird die Arbeitszeiterfassung Pflicht.

Das Bundesarbeitsgericht Erfurt hat am 13. September offiziell per Grundsatzurteil entschieden, dass „der Arbeitgeber nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG verpflichtet ist, ein System einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann“.

Wie genau ist diese Pflicht zur Arbeitszeiterfassung geregelt? Wer genau muss zum jetzigen Stand eine Zeiterfassung einführen? Diese und mehrere Fragen beantworten wir hier im Artikel.

Arbeitszeiterfassung Pflicht – Was genau ist passiert?

Im Jahr 2021 hat der Betriebsrat einer Pflegeeinrichtung geklagt. Im Prinzip wollte der Betriebsrat als Vertretung der Arbeitnehmer ein Initiativrecht haben, eine Arbeitszeiterfassung im Unternehmen einzuführen. Das Ziel war relativ klar: Der Betriebsrat möchte entscheiden, wann und wie eine Zeiterfassung im Unternehmen eingeführt wird.

Diese Klage wurde allerdings vom Bundesarbeitsgericht in Erfurt abgewiesen. Die Begründung ist hierbei besonders interessant: Ein Initiativrecht für Arbeitnehmervertreter ist überhaupt nicht nötig, weil eine Pflicht zu Arbeitszeiterfassung ohnehin bereits besteht. Mit der Pflicht zur Zeiterfassung bezieht sich das Gericht auf ein Gerichtsurteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2019. Hier hat der EuGH bereits entschieden, dass jedes EU-zugehörige Land eine Pflicht zur Zeiterfassung gesetzlich verankern muss.

Das Bundesarbeitsgericht hat somit entschieden, dass es bereits jetzt eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung gibt. Und das sogar schon seit dem Jahr 2019.

Die genaue Urteilsbegründung wird zu Beginn des neuen Jahres erwartet. Am Urteil ändert dies jedoch nichts mehr. Somit ist der Druck auf die aktuelle Regierung gestiegen, eine Pflicht zur Zeiterfassung gesetzlich zu verankern und ein entsprechendes Gesetz zu verabschieden.

Was heißt das für Arbeitgeber in Deutschland?

Viele Arbeitgeber stellen sich deshalb nun die Frage: Betrifft mich die Pflicht zur Zeiterfassung und sollte ich jetzt handeln? Wie gesagt gibt es bereits eine Arbeitszeiterfassungspflicht. Aktuell handelt es sich bis jetzt jedoch nur um die Urteilsentscheidung eines Gerichts und nicht um ein rechtlich verankertes Gesetz, was bedeutet, dass es aktuell keine Instanz gibt, die eine Kontrolle durchführen.

Nichtsdestotrotz können Arbeitnehmer durch diese Urteilsverkündung ab jetzt jederzeit den Arbeitgeber verklagen und ein Zeiterfassungssystem einfordern.

 

Wer sollte aktuell bereits auf die Pflicht zur Zeiterfassung reagieren?

Wir würden generell jedem Unternehmen eine digitale Zeiterfassung empfehlen, schlichtweg aufgrund der vielen Vorteile:

  • Transparenz zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer
  • Digitalisierter Prozess ohne Papier
  • Detaillierte Auswertung von Kundenprojekten (Stichwort Projektkalkulation)
  • Automatische Kalkulation von Überstunden
  • Urlaubsplaner inkl. Krankheitstage

Speziell unter dem Gesichtspunkt der Zeiterfassungspflicht gibt es für Unternehmen aktuell zwei Gründe für die sofortige Einführung einer (digitalen) Zeiterfassung:

  1. Angespanntes Arbeitgeber- Arbeitnehmer-Verhältnis

    Wie wir gerade erfahren haben, können Arbeitnehmer jederzeit den Arbeitgeber verklagen und die Einführung einer Zeiterfassung einfordern. Arbeitgeber, die nicht unbedingt das beste Verhältnis zu den Angestellten haben sollte sich also gut überlegen, ob Sie der Klage nicht einfach einen Schritt voraus sein wollen und proaktiv eine Arbeitszeiterfassung einführen.

  2. Vorbereitung auf die Pflicht zur Zeiterfassung

    Unternehmer, die der Konkurrenz gerne einen Schritt voraus sein möchten, würden wir ebenfalls die Einführung einer Arbeitszeiterfassung empfehlen. Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung und das dazugehörige Gesetz wird kommen.
    Die Frage, die man sich stellen muss: Will man sich bereits jetzt frühzeitig auf die Suche nach einer geeigneten Zeiterfassung machen oder bis kurz vor Schluss warten und dann vielleicht auf das falsche Pferd setzen?

Fazit

Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung wird sicher kommen. Das ist der zentrale Satz, den man aus der Urteilsverkündung des Bundesarbeitsgerichts ableiten kann. Wie genau ist immer noch nicht definiert und wird erst zu 100% klar, wenn das tatsächliche Gesetz von der Bundesregierung ausgearbeitet wurde und durch den Bundestag verabschiedet wird. Wir halten Sie hier weiterhin über sämtliche Details auf dem Laufenden.

 

Arbeitszeiterfassung Pflicht ganz einfach erfüllt

Welche Pflichten zur Arbeitszeiterfassung existieren schon heute in Deutschland?

Schon heute gibt es in Deutschland eine Zeiterfassungspflicht. Diese unterscheidet sich jedoch in einem kleinen aber entscheidenden Detail von der Rechtsprechung des EuGH aus Luxemburg.

1. Erfassung der Überstunden ist jetzt bereits Pflicht

Ein wichtiges Detail bei der ganzen Debatte um die Arbeitszeiterfassung vergessen die meisten: Im Prinzip muss man als Arbeitgeber bereits die Arbeitszeiten der Mitarbeiter erfassen und dokumentieren. Damit sind aber nicht die normalen Arbeitszeiten gemeint sondern jene Zeiten, die über die normale Arbeitszeit hinaus gehen. Umgangssprachlich ist hierbei die Rede von sogenannten Überstunden. Die Pflicht hierfür kann man Paragraphen 16 des Arbeitszeitgesetz nachlesen.

Ist man beispielsweise in einem normalen Anstellungsverhältnis, bei dem man 40 Stunden in der Woche arbeitet, so muss man jede Minute, die man über die Wochenstundenzahl von 40 Stunden hinaus arbeitet erfassen. Dafür verantwortlich ist der Arbeitgeber. Arbeitet ein Angestellter mehr als die vorgegebene Zeit und erfasst seine Überstunden nicht, so drohen drastische Strafen für das Unternehmen. Zwei Ausnahmen gibt es hierbei:

2. Höhe des Gehalts erübrigt Überstundenerfassung

Wenn ein Angestellter mehr als 76.200 Euro (West), bzw. 68.400 Euro (Ost) im Jahr verdient, muss er überhaupt keine Zeiten erfassen. Der angegebene Betrag ist selbstverständlich als Brutto angegeben. Der Rechtsstaat geht davon aus, dass die im Arbeitsvertrag festgelegte Stundenanzahl dieser Mitarbeiter sowieso überschritten wird. Das ausgezahlte Gehalt rechtfertigt im Prinzip die längeren Arbeitszeiten. Somit muss der Mitarbeiter keine Überstunden erfassen, weil eventuell anfallende Überstunden in seinem Gehalt inbegriffen sind. Wenn Sie mehr Informationen dazu benötigen, dann klicken Sie einfach hier.

3. Arbeitszeiterfassung Pflicht für besondere Berufsgruppen

Hier spricht man gerne von „Diensten höherer Art“. Die besonderen Fähigkeiten dieser Menschen, gepaart mit dem Beruf setzen ein gewisses Maß an Überstunden voraus, was eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung erübrigt. Folgende Berufsgruppen sind davon betroffen:

  • Ärzte
  • Rechtsanwälte
  • Architekten
  • Steuerberater
  • Politiker

4. Mindestlohngesetz regelt Arbeitszeiterfassung

Arbeitgeber, die Mitarbeiter mit dem Mindestlohn beschäftigen dürften nicht sonderlich überrascht von diesen Neuigkeiten sein. Sie müssen bereits seit dem 1. Januar 2015 alle Arbeitszeiten der Mitarbeiter erfassen und dokumentieren. Seit diesem Jahr erhalten die betroffenen Mitarbeiter übrigens einen Stundenlohn von 9,35 Euro.

Hierbei muss man darauf achten, die Arbeitszeiten minutengenau zu erfassen. Die täglich genommenen Pausen muss der Arbeitgeber auch minutengenau erfassen. In den meisten Fällen ist es jedoch der Arbeitnehmer selbst, der seine Arbeitszeiten dokumentiert. Trotzdem ist es die Verantwortung des Arbeitgebers. Werden Zeiten nicht ordnungsgemäß erfasst, so drohen teils hohe Geldstrafen, bis hin zu Freiheitsstrafen für den Arbeitgeber.

5. Zeiterfassung für Berufskraftfahrer

Auch bei angestellten Fahrer wie zum Beispiel Lieferkuriere  gibt es bereits eine Regelung. Dies hat der Gesetzgeber in §21 a des Arbeitszeitgesetzes festgelegt. Dort heißt es, dass der Arbeitgeber dazu verpflichtet ist, die Arbeitszeiten der Arbeitnehmer zu dokumentieren. Zusätzlich muss er die Dokumente mindestens 2 Jahre archivieren. Falls der Arbeitnehmer einen Ausdruck seiner gearbeiteten Zeit haben möchte, so muss der Arbeitgeber diesen Ausdruck ebenfalls aushändigen.

All diese Regelungen gelten übrigens auch für selbstständige Berufskraftfahrer.

Tipp: Ganz wichtig ist zudem, dass die Arbeitszeiterfassung auch für Beifahrer gilt. Wenn beispielsweise zwei Kuriere gleichzeitig unterwegs sind, müssen beide die Arbeitszeiten erfassen. Dies gilt somit auch, wenn einer der beiden Kuriere überhaupt nicht am Steuer sitzt.

 


Rechtlicher Hinweis zum Artikel „Arbeitszeiterfassung Pflicht“

Die Inhalte unseres Artikels „Arbeitszeiterfassung Pflicht“ – vor allem die rechtlichen Aspekte – recherchieren wir mit größter Sorgfalt. Dennoch können wir keine Haftung für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität der bereit gestellten Informationen übernehmen. Die Informationen sind insbesondere auch allgemeiner Art und stellen keine Rechtsberatung im Einzelfall dar. Zur Lösung von konkreten Rechtsfällen konsultieren Sie bitte unbedingt einen Rechtsanwalt bzw. Ihren Steuerbera­ter.


Quellen: Bund Verlag

Die Pressemitteilung des BAG

4 Kommentare

  1. Meinen Dank für die Tipps zu der Arbeitszeitmessung! Beim Freund war es der Fall, wenn die Überstunden beim Gehalt nicht mitberechnet wurden. Welche mobilen Apps sind hier zu empfehlen? Die scheinen sehr sinnvoll zur Selbstkontrolle auch.

    1. Nicht ganz selbstlos würden wir crewmeister.com vorschlagen.

      Die Kosten sind überschaubar und die App berechnet automatisch das Überstundenkonto inkl. Urlauben, Krankheits- und Feiertagen.
      gehen Sie doch einmal mit Ihrem Desktop auf crewmeister.com und legen ein kostenloses Testkonto an. Im Anschluss können Sie sich die App kostenlos herunterladen und die Software einfach mal unverbindlich ausprobieren.

  2. Die Tipps sind sehr hilfreich, vielen Dank dafür.
    Mich würde aber noch interessieren wer die Betriebe kontrolliert ob es eine Zeiterfassung gibt oder nicht.

    1. Hi Carmen,
      danke für dein positives Feedback!
      Sämtliche Kontrollen im Bereich Zeiterfassung fallen unter die Obhut des Zoll.
      Wir haben da tatsächlich schon einmal einen Artikel veröffentlicht. Bei Interesse kannst du dir Ihn gerne hier durchlesen.
      Viele Grüße vom gesamten Crewmeister Team

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